Diesen Beitrag hatte ich schon sehr lange im Kopf. Nahezu jeden Tag komme ich, auf die eine oder andere Weise, mit den Begriffen "keto' oder "ketogene Diät" in Berührung. Sei es im Regal mit den Proteinriegeln und Yogurt, oder im Gespräch mit Menschen. Dabei fällt mir immer wieder auf, wie leichtfertig und unwissend mit diesen Begriffen umgegangen wird. Oft bediene ich Kunden, die mir erzählen, dass sie eine keto(gene) Diät machen. Danach bestellen Sie dann einen Cappuccino mit fettfreier Milch. Bevor ich im Oktober 2018 in die USA ausgewandert bin, habe ich für acht Monate die "echte" ketogene Diät gemacht. Meine Erfahrungen dazu möchte ich gerne mit euch teilen. Vorab kann ich euch schon mal verraten, diese Ernährungsform macht man nicht nur mal so nebenbei, sondern erfordert sehr viel Planung und Disziplin.Und beides gehört nicht gerade zu meinen Kernkompetenzen.
Was ist die Keto-Diät überhaupt?
Ich möchte an dieser Stelle nicht zu tief in die ernährungstechnische Ebene eintauchen. Zum einen wäre das viel zu umfänglich und auf der anderen Seite fehlt mir dazu einfach die fachliche Bildung. Nichtsdestotrotz habe ich dazu sehr viel Lektüre aufgesogen und Techniken ausprobiert. Warum ich trotz der vorhanden Vorteile nicht mehr "keto" bin, darauf komme ich etwas später zu sprechen.
Ich setze wahrscheinlich nicht zu viel voraus, wenn ich behaupte, dass jedem klar sein wird, das Kohlenhydrate die Haupt-Energiequelle für den Körper darstellen. Diese bilden schließlich das Fundament der klassischen Ernährungspyramide. Diese könnt ihr aber im Zusammenhang mit der ketogenen Diät völlig vergessen. Denn Ziel ist es, dem Körper sämtliche Kohlenhydrate zur Energiegewinnung zu entziehen und durch Fette zu ersetzen. Eine Grundaufgabe des Ernährungsstoffwechsels ist es, das Gehirn mit ausreichend Energie zu versorgen. Was passiert aber, wenn keine Kohlenhydrate mehr vorhanden sind? Der Körper, genauer gesagt unsere Leber, beginnt Keto-Körper zu produzieren. Diese verfolgen das gleiche Ziel wie die Kohlenhydrate: Das Gehirn und den Körper mit Energie zu versorgen. Der Körper stellt sozusagen auf einen anderen Treibstoff um. Für diesen Energieträger benötigt die Leber Fette. Und hier kommt das attraktive und populäre an dieser Diät zum Tragen: Unser Entgiftungsorgan greift nämlich dabei auch auf unsere hartnäckigen Fettpolster zurück. Die Fettpolster beginnen zu schmelzen. Klingt bisher ziemlich einfach? Ist es theoretisch auch. Praktisch bedeutet es aber, dass deine Ernährung zu ca. siebzig Prozent aus Fetten, zwanzig Prozent aus Protein und maximal zehn Prozent aus Kohlenhydraten bestehen. Bei einem Energiebedarf von 1.800 Kilokalorien am Tag, dürfen höchstens 180 Kilokalorien aus Kohlenhydraten bezogen werden, also ca. 45 Gramm. Und um auf Nummer sicher zu gehen, empfehlen viele Quellen nur 25 Gramm pro Tag. Denn diese Grenze ist elementar wichtig. Isst du nur ein Gramm zu viel, erreichst du nicht den Zustand der Ketose, also der Zustand indem der Körper Keto-Körper anstelle von Kohlenhydraten zur Energiegewinnung heranzieht. Mein Kunde mit dem Cappuccino hätte also schon fast die Hälfte seiner zulässigen Kohlenhydrate aufgebraucht. Es bedeutet also im Ergebnis, dass sehr viele Lebensmittel von vornherein ausscheiden. Obst, zum Teil Gemüse, Hülsenfrüchte, Brot, Nudeln, der meiste Alkohol und Süßwaren landen alle samt auf der No-Go-Liste. Selbst bei sehr fettreichen Nahrungsmitteln, wie Nüssen, musst du exakt auf die Kohlenhydrate achten. Aber nun lang genug über die Theorie geredet, nun geht es ans eingemachte...
Die Keto-Diät im Alltag
Als ich mit dieser Ernährungsform angefangen habe, habe ich mich, wie bereits vorher beschrieben, aus verschiedenen Quellen informiert. Im zweiten Schritt habe ich mit Hilfe von Online-Tools meinen Energie-Umsatz pro Tag ermittelt, also wie viele Kalorien verbrauche ich eigentlich? Bei mir lag dieser bei 1.900 bis 2.000 Kilokalorien. Sicher kann man durch eine ärztliche Konsultation einen sehr genauen Wert bestimmen. Als nächstes habe ich mir ein Tagebuch angelegt. Tagebuch hierbei meint: Ein kariertes Heft. Dieses habe ich pro Seite in Frühstück, Mittagessen und Abendbrot eingeteilt. Als Hilfestellung kannst du noch deine Gesamtkalorien auf die einzelnen Mahlzeiten aufteilen. Ein absolutes Muss für eine optimale Ausgangssituation ist eine digitale Küchenwaage. Denn ab jetzt heißt es: Alles abwiegen!
Den Tag startest du am besten mit einem "Bulletproof-Coffee" oder Keto-Kaffee. Und ich sag es euch Leute, den runter zu bekommen ist am Anfang eine Herausforderung. Denn für diesen Kaffee mischt ihr, je nach Rezept, eine Tasse Kaffee mit einem Esslöffel Kokosnuss-Öl und ca. 20 Gramm (gesalzene) Butter. Mir wird schon ganz übel, wenn ich das gerade so niederschreibe. Eine Prise Zimt oder Muskatnuss macht es ein klein wenig besser. Der Vorteil ist, diese Mixtur macht euch für einige Stunden satt. Verständlicherweise will man danach nicht unbedingt sofort etwas Essen. Zur Wahrheit gehörte aber auch, dass dieses Getränk eure Verdauung beeinflussen wird - Shit happens! Zu meinen weiteren Lebensmitteln gehörten sehr fettiges Fleisch, Wurst, fettiger Fisch, Nüsse, wenige Beeren, Avocados, Eier, Käse und Mascarpone, grünes Gemüse (Paprika, Spargel), Öle und sehr, sehr viel Wasser. Und zum Thema Alkohol darf es ab und zu mal ein Shot Branntwein oder Wodka sein, denn dieser hochprozentige Schnaps hat keinerlei Kohlenhydrate. Auf die Kalorien hingegen musst du aber genau achten. Im fortgeschrittenem Stadium habe ich mir dann noch ein Keto-Körper-Messgerät gekauft. Das funktioniert wie ein Blutzucker-Messgerät mit Teststreifen. Dieses zeigt dir an, wie viele Keto-Körper in deinem Blut vorhanden sind und ob du dich noch in der heiß ersehnten Ketose befindest. Am Anfang war es wirklich schwer auf meine siebzig bis achtzig Prozent Fettanteil meiner Ernährung zu kommen. Bei 1.900 Kilokalorien sind das immerhin 1.520 Kilokalorien, also umgerechnet ca. 170 Gramm Fett oder fast drei Viertel Block Butter.
Um in den Zustand der Ketose zu kommen, musst du Geduld haben. Bevor die Leber ihre Aufgabe mit der Produktion des alternativen Treibstoffs beginnt, werden alle Kohlenhydrate-Reserven aufgebraucht. Das kann einige Tage bis eine Woche dauern. Wenn der Körper dann langsam umstellt, kann es passieren, dass du an der Keto-Grippe "erkrankst". Der Mangel an den lieb gewonnenen Kohlenhydraten äußert sich in Kopfschmerzen, Energielosigkeit, Gliederschmerzen und schlechter Laune. Alles ist auch bei mir eingetreten. Für ungefähr fünf Tage. Hast du diese Phase überstanden, wirst du deinen Körper von einer ganz neuen Seite kennenlernen. Durch die fehlenden Kohlenhydrate befindest du dich quasi in einem Dauerzustand der "Unterzuckerung" - dein Blutzuckerspiegel ist auf einem sehr niedrigen Niveau. Das fühlt sich nach einer kleinen Gewöhnungsphase sehr gut an, da du sehr genau merkst, wie dein Körper auf bestimmte Lebensmittel reagiert. Du wirst sensibler für deine Ernährung. Während meiner Keto-Diät hatte ich so gut wie kein Hungergefühl. Meist habe ich nur aus Verantwortungsbewusstsein gegessen, um die benötigte Energie für den Tag zu erreichen. Und der versprochene Effekt ist auch eingetreten. Ich habe acht Kilo Körpergewicht verloren. Und das auch an Körperstellen, die ich bereits aufgegeben hatte - wie zum Beispiel die sogenannten Love-Handles an der Hüfte. Fairerweise muss ich hinzufügen, dass mein Ausgangsgewicht bereits im oberen Normalbereich war. Für übergewichtige Menschen ist da sicherlich mehr drin.
Doch nicht keto(genial)? Wie ich eingangs schon erwähnt habe, war nach acht Monaten Schluss mit diesem Experiment - trotz der Vorteile! Warum? Neben Körperfett habe ich in dieser Zeit auch einen beachtlichen Teil meiner Muskelmasse verloren. Das ist eine logische Konsequenz aus der eher proteinarmen Ernährung. Ich hatte zwar einen flacheren Bauch, dafür aber auch dünnere Arme. Am Ende war ich mit den Proportionen nicht mehr zufrieden. Doch der ausschlaggebende Grund ist, dass die Keto-Diät im Alltag sehr aufwendig in der Umsetzung ist. Es erfordert ein hohes Maß an Planung und Disziplin. Insbesondere dann, wenn man einmal außerhalb der eigenen vier Wände Essen geht oder im Urlaub ist. Da wird man schon manchmal komisch angeguckt, wenn man zum Kaffee ein Stück Butter bestellt und das magere Stück Fleisch auf dem Teller lässt. Sicherlich tut sich manch Anderer mit diesen Restriktionen einfacher. Für mich ist es aber auf Dauer nichts. Allerdings war es eine tolle Erfahrung den eigenen Körper unter veränderten Bedingungen zu erleben. Meine Sensibilität zum Thema Ernährung hat es allemal geschärft. Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Keto-Diät zum Verlieren von Körpergewicht sehr gut geeignet ist. Auf der anderen Seite kostet es sehr viel Kraft und Überwindung am Ball zu bleiben. Wenn ihr gesund seid, probiert es einfach mal aus. Aber denkt bitte daran, dass diese Ernährungsform auch eine Belastung für den Organismus ist, und sollte von kranken Menschen nur unter ärztlichen Aufsicht erfolgen. Wenn ihr Fragen dazu habt, nur zu! Ihr bekommt euer Fett schon weg!
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